Irgendwann im letzten Frühjahr bekomme ich einen Anruf vom Gnorx aus Köln. Ein Wortschwall ergießt sich über mich. Eine sehr aufgeregte Stimme erzählt mir etwas von Lieblingsbüchern, die gerade verfilmt werden. Oder verfilmt wurden, zum Teil jedenfalls schon, denn es ist eine ganze Serie. Zehn Bände hätte er schon gelesen, aber es ginge weiter, der Autor schreibt noch. Das beste was er je im Bereich Fantasy gelesen hat, ein gewaltiges Epos und eigentlich nicht verfilmbar, macht man nicht eine ebenso gewaltige Serie daraus, aber scheinbar hat das gerade jemand vor. Und der Autor schreibt an den Drehbüchern mit, deswegen kann das eigentlich nur gut werden. Jedenfalls ist das alles der schiere Wahnsinn und ich würde mich doch mit dunklen Kanälen im Netz auskennen, ob ich mal gucken könnte, das müsste er uuuunbedingt sehen.
Aha. Nun ist der Mann ein Bücherwurm vor dem Herrn, die ziemlich umfangreiche Bibliothek des Hauses ist ihm mit Sicherheit um ein vielfaches wichtiger als seine Glotze, deswegen überrascht mich das ein wenig, aber wenn Lieblingsbücher verfilmt werden kann man schon ein wenig aus dem Häuschen geraten.
Das Lied von Eis und Feuer finde ich jedoch nicht auf den einschlägigen Seiten, ist vielleicht ja noch in der Planung, aber ich frag mal rum bei Gelegenheit. Bei verfilmten Lieblingsbüchern wäre ich ohnehin sehr skeptisch, das kann eigentlich nur in die Hose gehen. Meine Lieblingsbücher waren im Kino immer Vollschrott, gekürzt und verstümmelt, und bei den beschränkten Möglichkeiten des Fernsehens kann, gerade bei aufwändigem Stoff, bestenfalls eine mittelprächtige Serie entstehen. Die Artussage als kleines Fernsehspiel muss ich nicht haben.
Kurz darauf fällt mir der Versandhandel als Quelle ein und siehe da, die erste Staffel gibt es sogar schon auf Silberlingen. Man hat sich gar nicht erst die Mühe gemacht den deutschen Buchtitel für die Serie zu verwenden, aber sucht man nach Game of Thrones ist die Beschaffung kein Problem mehr.
Nach inzwischen drei Staffeln kann ich nur sagen, das Fernsehen ist auch nicht mehr das, was es mal war. Dank des cleveren Geschäftsmodells amerikanischer Anbieter wie HBO sind heute qualitativ hochwertige Serien für Erwachsene tatsächlich kein Traum mehr. Angesichts der Tatsache, dass mit der dritten Staffel gerade mal zweieinhalb von inzwischen elf Büchern verfilmt wurden hoffe ich nur, dass sich das nicht in ein paar Jahren zum Alptraum entwickelt. Vor ein paar Wochen erst beklagte sich ein Freund auf meinem Anrufbeantworter, wieso ich ihm diese Serie empfehlen konnte. Das mache ja süchtig, etwas spannenderes habe er selten gesehen. Und natürlich die obligatorische Frage, wo gibt es die dritte Staffel, es ist egal was es kostet. Soviel zum Geschäftsmodell.
Dabei sind durchaus nicht alle zufrieden, wobei mir die wenigen negativen Rezensionen bei Amazon eher ein Grinsen abringen. Da fragen sich einige der Rezensenten, wieso man denn nur den Hauptdarsteller der Geschichte schon am Ende der ersten Staffel hat sterben lassen, ein Ding der Unmöglichkeit so etwas. Anderen fließt immer noch nicht genug Blut, die hätten gerne mehr Schlachtgetümmel, klirrende Schwerter, rollende Köpfe und nicht so viel Text. Zu wenig Äkktschn und viel zu viel Text, die sabbeln ja nur.
Ich frage mich dabei immer, warum ich zehn Minuten lang einem Haufen Leute dabei zusehen soll, wie sie sich die Schwerter in den Leib stechen und die Gliedmaßen abschlagen. Das sind zehn Minuten weniger Zeit für die Geschichte und am Ende ist ohnehin nur wichtig, wer lebend vom Schlachtfeld zurückkehrt. Denn in den nächsten Staffeln, davon bin ich überzeugt, werden noch sehr viel mehr Hauptdarsteller sterben, die wenigsten auf dem Schlachtfeld und keiner wenn man es erwartet. Manchen wünscht man einen möglichst qualvollen Tod, bei anderen hofft man, sie würden diese grausame Geschichte irgendwie überleben und nicht immer endet es so, wie man es sich wünscht. Das Leben ist hart auf dem Kontinent Westeros und der Tod macht keine Unterschiede. Der nimmt auch keine Rücksicht auf Kinder (und Hauptdarsteller), was diesem Plot, trotz all der fantastischen Gestalten und Figuren, einen rücksichtslosen Realismus verleiht. Neben den blutigen Schwertern so ziemlich das Härteste was ich je gesehen habe, auf so einige Szenen ist man nicht wirklich vorbereitet, wenn man die Bücher nicht gelesen hat. Wie oft mir während dieser inzwischen dreißig Folgen die Gesichtszüge entglitten sind vermag ich nicht zu sagen.
Man merkt dieser Serie in jeder Minute an, dass hier nicht ein paar professionelle Drehbuchautoren den Auftrag bekommen haben, eine Fantasyserie mit mittelalterlichen Rittern, Untoten, Drachen und ein wenig Sex und Blut zu konzipieren. Das ist eine Buchverfilmung ziemlich epischen Ausmaßes, eine fein gewebte Geschichte mit unglaublich spannenden Handlungssträngen, die alle unweigerlich auf ein furioses Finale zulaufen, das ich mir momentan nicht einmal im Ansatz vorstellen kann - und mit einem derart hohen Suchtfaktor, dass ich geneigt bin dem Rat meines Freundes Gnorx zu folgen und die Bücher zu lesen, die Spannung ist ansonsten kaum auszuhalten. Immerhin hat er mir neulich gesteckt, dass im zehnten Band tatsächlich noch einer der wenigen anständigen Charaktere lebt.
Einer?
Ich hoffe der verarscht mich nur (und wehe einer spoilert hier).
Immer noch Scheißsechstagewochenextrementspannungsmusik am laufen tun haben: Global Underground 6 - John Digweed in Sydney/Global Underground 12 - Dave Seaman in Buenos Aires