Die Suche nach einem adäquaten Ersatz für unseren verrenteten Stammchinesen gestaltet sich schwieriger als gedacht. Kwong konnte zwar auch nicht alles gut, aber man hat seine Stärken und Schwächen über die Jahre kennengelernt und sich dann auf die zehn bis fünfzehn Lieblingsgerichte beschränkt. Das ist für einen Chinesen an der Ecke ganz ordentlich. Nach einer langen Phase asiatischer Abstinenz muss langsam eine Lösung gefunden werden.
Die nächste ordentliche Ecke sollte sich in Sasel befinden, früher schon oft unsere zweite Wahl, wenn man nicht in die City wollte. Das Shin-Shin ist über die Stadtgrenzen hinaus bekannt, hier verkehrten Otto Waalkes und -zig andere prominente Gäste, deren Fotos den Eingangsbereich zieren. Darunter viele Boxer, wie die Klitschkos oder René Weller, was möglicherweise mit der Vergangenheit des Hauses zu tun hat, denn es gehörte einmal Hein ten Hoff.
Das Personal ist ausgesprochen höflich und sehr aufmerksam, bei der Weihnachtsfeierpleite vor einigen Jahren müssen Aushilfen am Werk gewesen sein. Es werden die obligatorischen heißen Handtücher gereicht und als Gruß aus der Küche ein paar kleine Flühlingslollen. Unter den Spezialitäten des Hauses befinden sich etliche Dim Sum, gedämpft, frittiert, gebacken, in Krabbe, Huhn und Fisch, mit Gemüse, Nüssen und dergleichen mehr. Quer durch den Garten fehlt leider, daher bleibt es bei einmal Fisch und einmal Fleisch, was sich hauptsächlich durch die Konsistenz der äußeren Hülle unterscheidet, das Huhn ist frittiert. Das Innenleben der Hühner- und Fischkugeln erinnert optisch an pürierte Tennisbälle und hätte sicher ähnliche Eigenschaften, würde man sie werfen. Geschmackliche Unterschiede lassen sich immerhin erkennen, sofern man die zugehörige Sauce sparsam verwendet.
Unsere Hauptgerichte kommen ebenfalls von der Spezialitätenkarte und sind bei beiden Besuchen guter chinesischer Durchschnitt, aber mehr auch nicht. Brutzelnde Pfannen auf dem Tisch sehen zwar schick aus, aber der letzte Kick fehlt leider, das ist alles zu zahm. Auf der ganzen Karte findet sich kaum ein Gericht mit der Bezeichnung scharf oder pikant, hier würzt der Gast noch selber. Kwong konnte überraschen, wie mit der Ente in Zitronensauce, die er leider nur einmal auf der Karte hatte, weil so etwas außer mir wohl niemand bestellt. War das genial. Dafür hatte er keine heißen Pfannen mit 8 Kostbarkeiten, die in so ziemlich jedem chinesischen Restaurant gleich schmecken.
Weit und breit kein Ersatz für meine Khan-Shau Garnelen in Sicht. Mist.
Chinarestauranttestmusik: Tinariwen - Emmaar